NBBL MVP 2008: „Wir waren mental stärker“

Was macht eigentlich…? – das ist die Ausgangsfrage der neuen NBBL-Serie, in der wir einen Blick auf die Karrieren der Spieler werfen, die der Nachwuchs Basketball Bundesliga ihren Stempel aufgedrückt und am Ende der jeweiligen Saisons die MVP-Trophäe abgeräumt haben. In chronologischer Reihenfolge arbeiten wir uns von damals nach heute. Folglich stellen wir uns im zweiten Teil unserer Serie die Frage: Was macht eigentlich der NBBL MVP des Jahres 2008, Christian Standhardinger? Im Gespräch mit NBBL-Redakteur Jan Finken erinnert sich der Power Forward an seine Urspring-Jahre, erzählt, warum Ralph Junge der beste Coach in seiner bisherigen Karriere war und warum er den Schritt von der 1. in die 2. Liga gegangen ist.

Christian, Du warst in der Premieren-Saison der NBBL 2006/07 dabei. Erinnerst Du Dich an Deine allererste Partie in der damals neu gegründeten U19-Liga?

Christian Standhardinger: Das nicht, aber im Gedächtnis geblieben ist mir meine erste 40-Punkte-Partie, die mir in den Playoffs gelungen ist. Woran ich mich erinnere, ist dieses Grundgefühl vor dem Saisonstart: Alles war neu, und wir sind mit ganz viel Neugier und Aufregung in die Spielzeit gegangen.

 

 

Am Ende hast Du mit Urspring die erste Deutsche NBBL-Meisterschaft gefeiert – auch im Rückblick immer noch ein besonderes Gefühl?

Auf jeden Fall, vor allem weil es im TOP4 ein hartes Stück Arbeit war. Im Halbfinale hat uns Bonn/Rhöndorf unheimlich hart und gut verteidigt. Mich zum Beispiel haben sie immer auf die linke Seite gezwungen und mir damit fast alle meine Stärken genommen – Kompliment an den damaligen Bonner Headcoach Pete Miller! Am Ende haben wir zwar mit 14 Punkten Differenz gewonnen, angefühlt haben sich die aber wie zwei. Im Finale hat man dann unserem Gegner Hagen angemerkt, dass sie viel Kraft in ihrem Halbfinale gegen Breitengüßbach gelassen haben.

Mit welchen Erwartungen seid Ihr seinerzeit in die Saison beziehungsweise ins TOP4 gegangen?

Die Erwartungshaltung in Urspring war schon vor Einführung der NBBL immer hoch. Wir sind damals zweigleisig gefahren, haben parallel mit Ehingen in der ProB gespielt. Ich beispielsweise habe mein erstes Zweitliga-Spiel im Alter von 16 Jahren gemacht. Mit der kompletten NBBL-Mannschaft hatten wir dann kurz vor dem TOP4 nur fünf Trainingseinheiten – aber es hat ja gereicht (lacht).

2008 habt Ihr dann den Titel verteidigt, Du bist in dieser Saison zum MVP gewählt worden. War die Back to Back-Trophäe wertvoller als der erste Titel?

Wertvoller will ich nicht sagen, dafür war die erste Meisterfeier im Jahr zuvor zu legendär, das konnte nichts mehr toppen (lacht). Ich würde aber schon sagen, dass die zweite Meisterschaft härter zu erringen war. Die MVP-Trophäe war für mich persönlich natürlich schön, sie steht sogar noch bei mir zu Hause in München. Wichtiger war aber der Titel mit der Mannschaft.

Was war die größte Hürde auf dem Weg zur Titelverteidigung?

Für mich persönlich war das die Bauchmuskelverletzung, die ich mir schon vor dem TOP4 in Langen zugezogen hatte. Im Halbfinale hat sie sich dann noch mal verschlimmert, sodass ich im Endspiel gegen Alba Berlin richtig gehandicapt und total neben der Spur war. Ich habe versucht, jedem Kontakt aus dem Weg zu gehen, was überhaupt nicht mein Spiel ist. Zur Halbzeit hatte ich dann nur vier Punkte auf dem Konto, und wir lagen hinten. Ich bin erst einmal wutentbrannt aus der Halle gerannt und habe mir gesagt, dass es so in der zweiten Hälfte nicht weitergehen kann. Ich habe dann die Schmerzen einfach ignoriert und bin immer wieder zum Korb gezogen, wobei uns damals vor allem unser Point Guard Frank Wiseler und Kevin Bright den A… gerettet haben.

Urspring avancierte danach zum Abonnement-Meister und gewann fünf der bisherigen acht NBBL-Titel, dazu einmal den JBBL-Titel. Was war beziehungsweise ist das Besondere an der Urspringschule?

Durch unsere vielen Erfolge war jede Mannschaft gegen uns besonders motiviert und wollte es uns zeigen. Für uns war es natürlich gut, in jedem Spiel aufs Neue gefordert zu werden. Unsere Situation war eine Besondere, weil wir im Internat 24 Stunden am Tag zusammen waren und dadurch eine richtige Einheit wurden. Der größte Unterschied zu den anderen Teams lag wohl in unserer mentalen Stärke; dadurch haben sich im Grunde alle Spieler, die an der Urspringschule waren, ausgezeichnet. Hier muss ich unseren Coach Ralph Junge nennen, der uns diese mentale Stärke erst vermittelt hat. Wie er dich motiviert und coacht, ist schon etwas Besonderes; für mich ist Ralph der beste Trainer, den ich in meiner bisherigen Karriere hatte. Welcher andere Coach in Deutschland hat mehr Jugendspieler entwickelt als er? Ich glaube, wenn man heute in der Beko BBL ein Team mit ehemaligen Urspringern zusammenstellen würde, würde es nicht absteigen!

Was macht Junge so besonders?

Er wollte immer Macher, keine Rollenspieler. Er hat stets die Stärken seiner Spieler gesehen und wollte, dass sie sich auf diese konzentrieren. Frank Wiseler beispielsweise war ein umsichtiger Playmaker, Thierno Agne ein hervorragender Verteidiger, Eduard Foth ein Rebound-Monster und Akeem Vargas ein unglaublicher sechster Mann. Mit mir als Scorer waren wir eine unheimlich schlagkräftige Truppe.

Hast Du noch heute Kontakt Deinem Mentor Ralph Junge?

Ja, aber natürlich nicht mehr so intensiv wie vor ein paar Jahren. Anfangs bin ich im Sommer noch für das Wurftraining an die Urspringschule und zu Ralph zurückgekehrt, 2013 habe ich noch einmal eine China-Reise mit Ehingen und Ralph mitgemacht. Jetzt muss ich aber schauen, dass ich meine Sachen alleine auf die Reihe bekomme (lacht).

Was hast Du der Urspringschule zu verdanken?

Alles! Ohne Urspring wäre ich nicht der Spieler, der ich heute bin und vor allem habe ich dem Internat meine Ausbildung zu verdanken: Wenn ich dort nicht mein Abitur hätte machen können, hätte ich kein BWL-Studium beginnen und letztes Jahr auf Hawaii erfolgreich abschließen können. Meinen akademischen Abschluss feiere ich mehr als meine bisherige sportliche Karriere.

Wenn Du an Deine NBBL-Zeit zurückdenkst: An welche Mit- und Gegenspieler erinnerst Du Dich besonders, stehst vielleicht sogar noch mit ihnen in Kontakt?

Ganz eng ist mein Verhältnis zu Kevin Bright (auf dem Foto links), wir verstehen uns sehr gut. In der kommenden ProA-Saison werden wir Gegner sein, wenn wir mit Vechta gegen Kevins Nürnberger antreten. In regelmäßigem Kontakt stehe ich auch mit Malik Müller, der jetzt aus den USA zurückgekehrt ist und nächste Saison in Bamberg spielen wird, und zu Sid-Marlon Theis in Braunschweig. Einen guten Draht habe ich auch noch zu meinem ehemaligen Mitspieler Eduard Foth. Philipp Schwethelm, der damals in Köln gespielt hat und ja mein MVP-Vorgänger in der NBBL war, habe ich beim diesjährigen Allstar Day kennengelernt: ein cooler Typ. Regelmäßigen Kontakt habe ich außerdem zu Elias Harris, der damals für Speyer gespielt hat – gegen ihn sah ich meistens nicht gut aus (lacht).

Trotz Deiner offensichtlichen spielerischen Qualitäten sind Deine Berufungen in Junioren-Nationalmannschaften überschaubar. Woran hat das Deiner Meinung nach gelegen?

Ich weiß es nicht. Ich habe im `89er-Jahrgang einige Spiele gemacht, dann war dieses Kapitel aber schnell beendet. Offensichtlich hat mein Klub-Trainer Ralph Junge immer mehr in mir gesehen als die Auswahltrainer beim DBB.

Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in den USA hast Du vergangene Saison ein sehr gutes Debüt in der Beko BBL im Trikot des Mitteldeutschen BC hingelegt: 10,1 Punkte und 4,7 Rebounds in 22 Minuten Spielzeit sind mehr als ordentlich. Kommende Saison spielst Du für RASTA Vechta in der ProA – warum nicht weiter in der 1. Liga?

Ich habe mir das gründlich überlegt und bin zu dem Entschluss gekommen, dass Vechta langfristig der beste Ort für meine weitere Entwicklung ist. Es gibt dafür einige rationale Gründe, aber in erster Linie war es eine emotionale Entscheidung. Sportlich will ich mit Vechta den sofortigen Aufstieg in die Beko BBL schaffen.

 

Christian Standhardinger (geboren am 4. Juli 1989 in München) gewann mit dem Team Urspring 2007 und 2008 die NBBL-Meisterschaft, 2008 wurde er außerdem als NBBL MVP ausgezeichnet. Mit Erdgas Ehingen spielte er zur gleichen Zeit in der ProB; hier wurde er im November 2007 und November 2008 zum Nachwuchsspieler des Monats gewäjlt, im Januar 2009 war er der Spieler des Monats Januar. Nach zwei Jahren University of Nebraska-Lincoln wechselte der Power Forward an die University of Hawaii at Mānoa, wo er wegen der Regularien der NCAA nach dem Hochschulwechsel ein Jahr von Meisterschaftsspielen aussetzen musste. Nach seinem Studienabschluss 2014 kam Standhardinger zurück nach Deutschland und bekam einen Vertrag beim Mitteldeutschen BC. In der Beko BBL-Saison 2014/15 zählte er auf seiner Position zu den besten Deutschen und wurde als „Allstar“ nominiert. In der kommenden Saison geht er für den SC Rasta Vechta auf Korbjagd.

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Christian Standhardinger, Mitteldeutscher BC
Derrick Allen, Basketball Löwen Braunschweig

PM: NBBL / JF

Fotos: MBC/Kuch, NBBL[/fusion_builder_column][/fusion_builder_row][/fusion_builder_container]