MBA: So gut wie nie zuvor
Sie starteten als ambitionierter Außenseiter, am Ende hatten sie Geschichte geschrieben: Die U16-Korbjäger der Mitteldeutschen Basketball Academy (MBA) erreichten erstmals die zweite Playoff-Runde in der Jugend-Basketball-Bundesliga (JBBL) und kürten sich damit in ihrer Altersklasse zu einem der 16 besten Teams in Deutschland. Viel besser hätte diese Saison nicht laufen können.
Die Schützlinge von Trainer Darren Stackhouse eröffneten die Vorrunde mit vier Siegen nacheinander und lösten so vorzeitig das Ticket für die Hauptrunde. Ohne den verletzten Mika Siegert, der in dieser Saison zum U16-Nationalspieler aufstieg, taten sie sich dort gegen die starken Berliner Teams schwer. Doch pünktlich zu den Playoffs zeigte die MBA ihren besten Basketball, räumte in der ersten Runde souverän die Metropol YoungStars aus dem Weg und verlangte im Achtelfinale in zwei Spielen dem Titelverteidiger Alba Berlin alles ab. Im Interview blickt Coach Stackhouse auf diese herausragende Spielzeit zurück.
Hallo Darren, wenn man dir vor der Saison prophezeit hätte, dass dein Team die zweite Playoff-Runde erreichen und dort auf Augenhöhe mit Titelverteidiger Alba Berlin agieren würde: Hättest du das ernst nehmen können?
Darren Stackhouse: Ganz ehrlich: Ich hätte es nicht glauben können. Wir hatten uns vor der Saison das Ziel gesetzt, die Hauptrunde zu erreichen, aber ich wusste auch, dass es sehr hart werden würde, unter die ersten Drei zu kommen. Mit Dresden und Chemnitz hatten wir zwei Gegner in unserer Vorrundengruppe, die ich stärker als uns eingeschätzt hatte, weil sie über mehr Erfahrung verfügten. Wie wir uns dann entwickelt haben, war großartig. Dass Mika Siegert, der schon in der Vorsaison unser zweitbester Scorer gewesen war, eine sehr gute Rolle spielen würde, hatte ich erwartet. Aber ich hatte zum Beispiel nicht damit gerecht, dass Abdul Wafa und Nathan Westphal so gut sein würden.
In der Vorrunde hat sich schnell abgezeichnet, dass ihr eine Top-Drei-Platzierung locker erreichen werdet. Was hat euch so stark gemacht?
Stackhouse: Wir haben sehr schnell Selbstbewusstsein aufbauen können. Nach den ersten drei Spielen festigte sich der Glauben daran, dass wir in dieser Saison einiges erreichen können. Die Niederlage im letzten Vorrundenspiel gegen Chemnitz hat uns dann aber auch vor Augen geführt, dass wir noch nicht ganz bereit waren für die Top-Teams. In der Hauptrunde sind wir als Mannschaft gewachsen, wenngleich etwas anders, als wir es uns gewünscht hatten. Die Verletzung von Mika tat uns sehr weh, aber sie erlaubte anderen Spielern, in größere Rollen hineinzuwachsen und mehr Verantwortung zu übernehmen. Als Mika zurückkam, waren wir stärker und besser gewappnet für die Playoffs.
Ohne ihn konntet ihr nur drei von zehn Hauptrundenspielen gewinnen, musstet viele knappe Niederlagen einstecken. Welche Bedeutung hatte Mika für das Team?
Stackhouse: Er hat uns nicht nur auf dem Court geholfen, sondern auch auf psychischer Ebene. Alle Spieler traten mit mehr Selbstbewusstsein auf, wenn er dabei war. Sie wussten, dass er ein Spiel übernehmen und wichtige Würfe treffen kann. Er ist ein sehr vielseitiger Spieler, der von allen Positionen scoren kann und auch den Dreier im Repertoire hat. Er konnte für uns auf jede Position spielen, hat uns aber vor allem auf den großen Positionen Stabilität gebracht, wo wir nicht so tief besetzt waren.
Einen deutschen U16-Nationalspieler hervorgebracht zu haben, ist ein grandioser Erfolg für die MBA.
Stackhouse: Das ist es. Der Einzug in die zweite Playoff-Runde ist großartig, aber dass es Mika in die DBB-Auswahl geschafft hat, ist für das Programm genauso wichtig. Es zeigt den anderen Klubs, dass hier in der Region gute Arbeit geleistet wird. Und junge Talente sehen, dass sie es bei der MBA weit bringen können.
Blicken wir noch einmal zurück auf die JBBL-Saison: Welcher Spieler hat dich am meisten überrascht?
Stackhouse: Nils Laubner hat eine phänomenale Entwicklung hingelegt. Er spielt erst seit drei Jahren Basketball. Zu Beginn der Saison war sein Spiel noch sehr unausgereift. Er hat sich dann aber vom Rollenspieler zu einem Leistungsträger entwickelt, der im zweistelligen Bereich punkten kann. Ich hatte vor der Saison keine Idee, was ich von ihm erwarten kann. Er hatte in der U14 eine halbe Saison in der Mitteldeutschen Liga (MDL) gespielt. Er brachte Skills mit, hatte aber keinerlei Erfahrung. Die andere große Überraschung ist für mich Abdul. Man hatte schon in der vergangenen Saison sein Potenzial gesehen, da hatte er bereits großen Einfluss auf unser Spiel gehabt. Ich hatte aber nicht gedacht, dass er einen solchen Sprung als Scorer machen würde. Zu einem bestimmten Saisonzeitpunkt führte er das Team bei Punkten, Rebounds, Assists und Ballgewinnen an.
Mit Abdul, Mika, Nathan und Mohamed Ibrahim scheiden vier Top-Spieler altersbedingt aus dem JBBL-Team aus. Ein Umbruch steht bevor. Müssen die Ziele für die kommende Saison niedriger angesetzt werden?
Stackhouse: Als ich zur letzten Saison den Job als Chefcoach angetreten habe, war es mein Ziel, künftig jedes Jahr die Playoffs zu erreichen. Zuvor hatte das Ziel immer Klassenerhalt gelautet. Ich wollte das JBBL-Team auf ein neues Level hieven. Dieses Ziel bleibt auch zur neuen Saison bestehen. Allerdings ist zum jetzigen Zeitpunkt noch schwer vorherzusehen, wie gut die Mannschaft sein wird. Es gibt Dinge, die mir Mut machen, und Dinge, die mir etwas Sorgen machen. Das Gute ist, dass wir in dieser Saison viele Spieler aus dem Jahrgang 2009 im Kader hatten, die sowohl im Training als auch in den Spielen bereits wertvolle Erfahrungen auf diesem Niveau sammeln konnten. Das kann also ein Vorteil für uns sein. Auf der anderen Seite werden wir keinen Spieler mehr vom Format eines Mika oder Abdul haben. Wir werden mehr über die mannschaftliche Geschlossenheit und die Tiefe kommen müssen. Ich denke, dass wir nicht den einen Topscorer haben werden, sondern dass sich die Last auf viele Schultern verteilen wird. Wir haben auf jeden Fall Spieler mit Potenzial. Mark Chetverhov war nicht umsonst Topscorer in der Central European Youth Basketball League (CEYBL), er wird ein wichtiger Faktor werden. Nils wird eine Säule des Teams sein. Auch Spieler wie Milo Dalchau oder Finn Erxleben haben Potenzial.
Der nächste Schritt für Abdul, Mika, Nathan und Mohamed ist die U19-Nachwuchs-Basketball-Bundesliga. Doch die MBA muss sich dafür erst qualifizieren. Im Juni stehen zwei Turniere an. Wie wichtig ist es auch für das gesamte Programm, dass die MBA wieder in der NBBL vertreten ist?
Stackhouse: Enorm wichtig. Es geht nicht nur darum, wieder ein NBBL-Team zu haben, sondern darum, unsere Top-Talente im Programm halten zu können. Ohne NBBL-Perspektive wird das schwierig. Ich glaube auch, dass alle vier auf diesem Level eine solide Rolle spielen können. In den nächsten Wochen werden wir weiterhin intensiv mit ihnen arbeiten. Unser Playoff-Run und die Hauptrundenduelle gegen die starken Berliner Teams werden den Jungs helfen, für die Quali-Turniere bereit zu sein.
Stats and Facts
Höchster Sieg: 96:71 bei den Basketball Talents Potsdam (22. Oktober 2023)
Höchste Niederlage: 51:100 gegen Alba Berlin (28. Januar 2024)
Längste Siegesserie: 5 Spiele (8. Oktober bis 26. November 2023)
Längste Niederlagenserie: 5 Spiele (26. November 2023 bis 21. Januar 2024)
Topscorer: Mika Siegert (22,17 Punkte pro Partie)
Bester Assistgeber: Abdul Wafa (3,7 pro Partie)
Bester Rebounder: Abdul Wafa (7,5 pro Partie)
Bildtext: Die MBA trat in dieser Saison als verschworene Einheit auf – und hatte viel zu feiern.
Foto: Alexander Gamnitzer
PM: MBA